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Der Sportjugend Niedersachsen

Jugendwart Uwe Cremering im Interview. Foto: privat

- Jugendwart im Interview: Viel Engagement für die Kleinsten

Die schwierigen Planungen in den aktuell unsteten Zeiten beeinträchtigen auch die Jugendarbeit der niedersächsischen Vereine. Der Deutsche Hockey Club Hannover (DHC) versucht mit unkonventionellen Mitteln Kinder für den Vereinssport zu begeistern. Wie dies gelingt und welche Visionen der DHC hat, verrät Jugendwart Uwe Cremering im Interview.

Herr Cremering, was tut der DHC, um Kinder und Jugendliche nachhaltig für den Hockeysport zu begeistern?
Wir haben in der Regel immer eine Freiwilligendienstleistende, diese aktiv Kindergärten und Grundschulen besucht und dort versucht, die Kinder für den Hockeysport zu begeistern. Darüber hinaus haben wir in der Vergangenheit auch Kampagnen gemacht. Beispielsweise haben wir in der Straßenbahn in Hannover drei Wochen lang Werbung im Fahrgastfernsehen geschaltet. Dies haben wir vorher noch nie in der Form versucht und es war sehr erfolgreich. Zu der Zeit sind coronabedingt nur wenige Leute Bahn gefahren, die Kindergartenkinder und Schulkinder jedoch schon. Und dadurch hatten wir nach recht kurzer Zeit insgesamt 60 „Schnupper-Kinder“ bei uns im Klub. Denn beim DHC können Kinder sechs Wochen lang unverbindlich mittrainieren, ohne in den Verein eintreten zu müssen. Von den 60 Kindern sind dann rund 50 Kinder im Verein geblieben. Das war ein toller Erfolg für uns.

Wie ist der Verein sonst im Jugendbereich aufgestellt?
In den unteren Altersbereichen haben wir jeweils rund 30 Kinder - im Bereich der Sechs- bis Achtjährigen und auch im Bereich der Vier- bis Sechsjährigen. Das ist unser wichtiges Fundament. Wir haben erkannt, dass wir genau in diesem Alter ansetzen und aktiv auf die Kinder und deren Eltern zugehen müssen. In der Regel kann man Kinder im Alter ab zehn Jahren nicht mehr für den Hockeysport begeistern. Daher sind die jungen Kinder so wichtig für uns als Verein. Wir haben uns deshalb auch dafür entschieden, unsere besten Trainer in den ganz jungen Altersklassen einzusetzen. Dort müssen wir den Mannschaftsgeist schaffen und die Kinder bestmöglich ausbilden. 

Ist die Jugendarbeit in Sportarten wie dem Hockey in den vergangenen Jahren schwieriger geworden?
Das ist ein gesellschaftlicher Trend, den sicherlich viele Sportarten so bestätigen können: Es wird immer schwieriger, Menschen für Vereine zu begeistern. Dies hat auch damit zu tun, dass viele Familien sich nicht festlegen wollen was sie am Wochenende machen. In vielen Familien wechseln die Sportarten auch häufig. Früher ging man als Kind in einen Verein und blieb dort meist bis zur Volljährigkeit. Heute ist jedoch die Frustrationstoleranz bei Kindern und ihren Eltern deutlich geringer geworden. Wenn das Kind zweimal sagt: „Ich habe keine Lust mehr auf Hockey" - dann geht es eben zum Basketball oder zum Handball. Ich bin selbst irritiert über diese Entwicklung. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich auch viele sehr engagierte Eltern und Kinder, das möchte ich deutlich herausstellen.

Wie erleichtert der Verein Kindern und ihren Eltern den Einstieg?
Zum Start geben wir den Eltern und Kindern immer ein Papier an die Hand, worin steht, was sich hinter unserem Vereinsleben verbirgt. Dort erfahren sie, wie es bei uns beispielsweise mit den Trainingseinheiten und Mannschaftsfahrten funktioniert. Wir versuchen früh den Eltern und den Kindern eine gewisse Vereinszugehörigkeit zu vermitteln. Wir veranstalten einmal im Jahr das größte deutschlandweite Hockeyturnier für Sechs- bis Achtjährige und Acht- bis Zehnjährige. Da kommen Mannschaften aus München, Köln und Hamburg. Das Event geht über zwei Tage und insgesamt sind rund 480 Kinder mit dabei, die auch vor Ort auf unserem Vereinsgelände zelten. Solche Veranstaltungen schweißen zusammen, weil auch die Eltern Standdienste machen und gemeinsam ein Projekt auf die Beine stellen.

Im Einzugsgebiet des DHC leben viele Kinder mit Migrationshintergrund. Sprechen Sie diese gezielt an?
Wir haben uns vor einigen Jahren strategisch dazu Gedanken gemacht, dass unsere Einzugsgebiete eben diese Gebiete sind, in denen vergleichsweise viele Kinder mit Migrationshintergrund leben. Wir sehen diese auch sehr gern bei uns im Klub. Die Hemmschwelle zum Hockey zu gehen ist jedoch häufig größer, als zum Fußball oder anderen Sportarten zu gehen. Sprachbarrieren spielen im Hockeysport selbst und bei den Übungen keine große Rolle, das kriegen wir alles hin. Es gibt bei uns keine Berührungsängste. In Zukunft wollen wir unser Engagement ausweiten und noch stärker in die angrenzenden Schulen vor Ort gehen und Kinder für den Hockeysport begeistern. Wir freuen uns über jedes Kind, welches den Weg zu uns findet.

Welche Visionen haben Sie für den Klub und die Jugendarbeit?
Momentan haben wir rund 720 Mitglieder und wir sind fest davon überzeugt, dass wir die 800 Mitglieder-Marke knacken können. Vielleicht schaffen wir perspektivisch auch die 1000 Mitglieder. Wir wollen auch in Zukunft ein Verein sein, der Breitensport und Leistungssport kombiniert. Wir haben neben Hockey auch Lacrosse und Tennis im Sportarten-Angebot und wollen aus diesen drei Sportarten weiterwachsen. Da muss man sich dann überlegen, wie man auf Dauer attraktiv bleibt. Und dann wollen wir im unteren Altersbereich größer werden. Wir haben seit letztem Jahr eine Ballschule, an der sich zehn bis 15 Kinder beteiligen. Im letzten Jahr hatten wir zum ersten Mal eine Super-Minigruppe, dort starten die kleinsten Kinder dann bereits ab einem Alter von drei bis vier Jahren mit dem Hockeysport. Das klappt erstaunlich gut und die Kleinen sind mit jeder Menge Spaß dabei. Zudem sehen wir im Breitensport für Erwachsene auch enorme Potenziale. Wir haben eine schöne Anlage an den Georgengärten in Hannover, wo man toll joggen gehen kann. Das ist sicherlich gerade für die Eltern, deren Kinder bei uns Hockey spielen, sehr interessant. In diesem Bereich werden wir in den nächsten Jahren sicherlich das ein oder andere probieren. Das können bespielsweise Angebote mit Laufgruppen oder auch ähnliches sein.

Welche Rolle spielt der Leistungssportgedanke im Jugendbereich Ihres Klubs?
Wir haben eine weibliche U14-Mannschaft, die sich für die Meisterschafts-Endrunde qualifiziert hat und damit zu den vier besten Teams in Deutschland gehört. Das ist für uns und das Sportland Niedersachsen ein riesiger Erfolg, denn zuletzt haben wir uns vor elf Jahren für eine solche Endrunde qualifizieren können. Mit dieser Mannschaft haben wir auch die Zusammenarbeit mit Sportpsychologen gestartet und Fördergelder, die wir vom LandesSportBund Niedersachsen bekommen haben, gezielt dort eingesetzt. Wir wollten wissen, wie weit wir mit dieser Mannschaft kommen, wenn wir entsprechend dort unsere Ressourcen investieren. Erfolge wie diese bestätigen uns in unserer Arbeit, wenn wir als kleines gallisches Dorf hier und da auch gegen die ganz großen Vereine aus Köln, Hamburg oder Mannheim bestehen können. Nicht in jeder Mannschaft steckt aber solch ein großes Potenzial, sich so stark zu entwickeln - das ist klar.
Generell legen wir im gesamten Verein viel Wert auf ein gutes Athletik-Training. In der Regel gibt es 90 Minuten Stocktraining und 60 Minuten athletische Übungen, da dieses in der Schule nur begrenzt stattfinden kann. Auch unsere Jüngsten machen bei uns eine Art von Athletik-Training, das ist dann meist verbunden mit Fangspielen oder ähnlichen Übungen. Diese wichtige Kombination aus Hockey und Athletik wenden wir bis in die oberen Altersklassen an.

Dieses Interview und weitere interessante (Jugend)-Themen finden sich auch in der Februar-Ausgabe des LSB Magazins.